Fingerspitzengefühl gefragt: Wann über Geld reden?

„Über Geld spricht man nicht.” Dabei handelt es sich nicht nur um eine Redensart – vielmehr ist diese Aussage bis heute in unserer Gesellschaft tief verwurzelt. Dabei ist es extrem wichtig, sich offen mit dem Thema Geld auseinander zu setzen. Finanzielle Entscheidungen von heute können die Zukunft nachhaltig beeinflussen – daher sollten sich auch Unternehmen mit Blick auf ihre Mitarbeiter die Frage stellen, welche langfristig angelegten Spar-Strategien positiv auf Leben, Produktivität und Zufriedenheit der Belegschaft einwirken können.

Viele Deutsche sprechen nach wie vor nicht gerne über das Thema Geld. Doch das ungeschriebene Tabu, offen über die eigenen Finanzen zu sprechen, wirkt sich nicht nur auf unser Privatleben aus, sondern auch das Berufsleben kann davon beeinflusst werden. Da häufig weder Arbeitgeber und noch weniger Arbeitnehmer wissen, wie ein fokussierter Austausch zu diesem Thema abzulaufen hat, kann dies insbesondere am Arbeitsplatz zu sehr unangenehmen Situationen führen – sowohl mit Blick auf Timing als auch auf Art und Weise des Gesprächs. Dies führt unweigerlich zu der Frage „Wie können Arbeitgeber Gespräche über Finanzen besser gestalten? Und welcher Vorteil würde daraus erwachsen?“

Gespräche über das liebe Geld können heikel sein – egal ob mit dem Partner, Freunden, Familie oder aber am Arbeitsplatz. Zahlreiche Studien aus dem Finanzsektor, durchgeführt zum Beispiel von Lowells oder Wells Fargo, haben gezeigt, dass Geld eines der letzten Dinge ist, über die Menschen reden wollen; selbst Themen wie Tod, Politik, Religion, psychische Gesundheit oder gar Unfruchtbarkeit werden dem Gespräch über die monetäre Lage vorgezogen.

Unsere Zurückhaltung gegenüber anderen über unsere eigenen Finanzen zu diskutieren, rührt häufig daher, dass die Welt, in der wir leben, uns bisweilen immer noch suggeriert, dass unser persönlicher Wert automatisch auch mit einem Geldwert verbunden ist. Getrimmt darauf, den eigenen Erfolg, das persönliche Prestige und die uns eigene Intelligenz stets mit dem Wert des eigenen Bankkontos aufzuwiegen, fällt es uns schwer, offen über Geld zu reden – selbst dort, wo wir uns sicher und geliebt fühlen.

Die, dem Thema Geld zugeschriebene, meist zwischen den Zeilen versteckte Bedeutung, ist für viele Menschen ein Grund, nicht über ihre finanziellen Verhältnisse zu sprechen. Kommt es dennoch – insbesondere in einem Umfeld, in dem Machtspiele keine Besonderheit sind – zu einer „Enthüllung“ der selbigen, kann sich das Ganze in Form noch unangenehmerer Situationen zuspitzen. Kombiniert man nun diese Problematik mit der sowieso schon vorhandenen Meinung vieler, am Arbeitsplatz dürfe nicht über Geld gesprochen werden, so ist verständlich, dass eine offene Diskussion mit Kollegen meist vehement abgelehnt wird.

Vergrößert man einmal das Blickfeld auf internationale Gefilde, wird schnell deutlich, dass die Haltung zum Thema Geld weltweit sehr unterschiedlich ist. So zum Beispiel Norwegen: Hier besteht seit 2001 die Möglichkeit, Gehalts- und Steuerinformationen aller Bürger online einzusehen – und fast jeder wird bereitwillig erzählen, was er oder sie verdient.

Die berühmt-berüchtigte „stiff upper lip” in Großbritannien stellt das andere Ende des Spektrums dar: Aus unterschiedlichsten Gründen lehnen es die Menschen hier ab, über Geld zu sprechen.

In der Mitte dieser Gegenüberstellung liegt Deutschland, wo seit 2018 das Entgelttransparenzgesetz eingeführt wurde. Das heißt, dass Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten seitdem verpflichtet sind, Mediangehälter für die jeweiligen Funktionen auszuweisen.

Daraus resultiert jedoch die Frage, ob die Haltung, wie mit dem Thema Geld umzugehen sei, allein von der Politik diktiert werden solle. Was konkret können auch Arbeitgeber tun, um einen wichtigen Austausch wie diesen zu fördern – unabhängig von Ort und gesellschaftlichen Normen?

Lucila Castañeira, Talent Management Director bei Aon, stellt fest, dass – obwohl gesellschaftliche Vorbehalte sehr unterschiedlich ausfallen können – Gespräche über Geld wichtig sind, ganz egal, wo derjenige den es betrifft, tätig ist:

„Es gibt große Unterschiede zwischen einzelnen Ländern und Branchen. Insbesondere in reiferen Märkten ist es einfacher, über finanzielles Wohlergehen oder psychische Gesundheit zu sprechen. Schlussendlich gilt jedoch in allen Bereichen: Die Unterstützung vor Ort ist das A und O.“

Gleichzeitig fügt sie hinzu:

„Finanzielles Wellbeing und psychische Gesundheit können sehr persönliche Themen sein. Verständlicherweise zögern daher viele Arbeitgeber, dies offen mit ihren Mitarbeitern zu diskutieren. Die meisten von ihnen befürchten, zu schnell über das Ziel hinauszuschießen oder schlicht nicht gut genug darauf vorbereitet zu sein, sich über diese Themen fachkundig auszutauschen.“

Bevor wir uns also der Frage nach dem WIE zuwenden, müssen wir verstehen, warum es sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber so wichtig ist, mit dem Arbeitsplatz ein Umfeld zu schaffen, das für sinnvolle Gespräche über die eigenen Finanzen offen ist. Dieser Überlegung folgend, kann das Brechen des Tabus der „Geld-Gespräche“ durch sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen dazu führen, dass nicht nur die Arbeitgebermarke gestärkt, sondern gleichsam das finanzielle Wohlbefinden aller Mitarbeiter verbessert wird. Castañeira erläutert hierzu:

„Wenn die Menschen anfangen, über konkrete Ziele zu sprechen, wird dies über kurz oder lang die Gespräche wegweisend bestimmen – dies gilt für Teams, das Unternehmen und auch den Einzelnen gleichermaßen. Eine solch veränderte Denkweise verlangt im Umkehrschluss auch nach neuen Maßnahmen – so muss sowohl über die Finanzen des Einzelnen gesprochen, als auch ein Plan entwickelt werden, der Mitarbeiter erfolgreich in der Kontrolle ihrer Finanzen unterstützt.“

Lucila Castañeira, Talent Management Director bei Aon

Diskussionen über Geld zu vermeiden, kann sich nachteilig auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Mitarbeiter auswirken. Denn: Häufiger Cents statt Schafe zu zählen, ist auf Dauer nicht nur belastend, sondern macht sich auch in der persönlichen Leistung am Tage bemerkbar. Geldsorgen sind damit nicht nur ein individuelles Problem des Einzelnen – vielmehr zeigt sich, dass Mitarbeiter durch andauernde finanzielle Sorgen, durch abfallende Leistung und Produktivität auch einen direkten negativen Einfluss auf die Performance des Unternehmens haben.

Tatsächlich legen Untersuchungen von Salary Finance – Experte im Bereich der „Financial Benefits“ – nahe, dass der Produktivitätsverlust der Mitarbeiter aufgrund finanzieller Sorgen bis zu 13% der Gehaltskosten betragen kann. Es lohnt also, sich den finanziellen Sorgen der Mitarbeiter anzunehmen; viele Unternehmen haben genau dies schnell erkannt: Schon heute setzen ein Großteil der Organisationen das finanzielle Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter auf gleiche Stufe mit dem emotionalen Wellbeing. Zu Recht, stehen beide doch häufig in unmittelbarer Wechselwirkung.

Als Reaktion darauf beginnen einige zukunftsorientierte Unternehmen damit, die Vermittlung von Finanzwissen am Arbeitsplatz aktiv zu fördern. Ab sofort handelt es sich hierbei nicht mehr nur um einen Ort , an dem der- oder diejenige Geld verdient – vielmehr wird er zu einem Raum, an dem auch Wissen über eben dieses vermittelt wird. Diese neugewonnenen Kenntnisse können Mitarbeiter im nächsten Schritt gewinnbringend für sich selbst einsetzen – und ihr Geld für sich arbeiten lassen.
Auf diese Weise zeigen Arbeitgeber deutlich, dass ihr Pflichtbewusstsein gegenüber ihrer Belegschaft auch über den Arbeitsplatz hinaus geht und dass ein offener Dialog über Finanzen in ihrem Unternehmen gefördert und geschätzt wird.

Dieses Verhalten versetzt Arbeitgeber weiterhin in die Lage, zwei wichtige Gesprächskanäle zu öffnen: Der erste verläuft direkt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer; der zweite zwischen gleichgesinnten Mitarbeitern, die meist vor ähnlichen Fragen und Problemen in Sachen Finanzen stehen. Ein Austausch hier schafft Vorteile für den Einzelnen, da die betroffenen Personen häufig auf einem ähnlichen Karriereweg sind, ähnlich verdienen und in vergleichbaren Verhältnissen leben – kurzum: Das Gespräch über die jeweilige Situation hilft sich selbst einzuschätzen und schafft eine Basis für kommende Konversationen zum Thema.

Auch hilft dies, elementare Wissenslücken zu schließen – ja vielleicht sogar einen umfassenden gesellschaftlichen Wandel anzustoßen, der durch die Ermutigung der Menschen, offen über ihre Finanzen zu sprechen, Unwissenheit und Sorgen als Auslöser eines schwachen „Financial Wellbeing“ mindern kann.

Diese Erkenntnis vorausgesetzt, können engagierte Arbeitgeber gezielt Fähigkeiten vermitteln und Leistungen bereitstellen, die das finanzielle Wohlbefinden der Mitarbeiter verbessern – heute und in Zukunft.

Lasst uns reden!

Arbeitgeber können auf viele Arten dazu beitragen, den Stressfaktor „Geld“ zu reduzieren. Ob es sich nun um regelmäßige Themen-Meetings zum Beispiel im Rahmen von Mittags-Lunches handelt, um Trainings zu Finanzthemen mit externen Experten oder um einen kostenlosen Zugang zu telefonischen Einzelgesprächen mit Finanzberatern – die Öffnung von konkreten Kommunikationskanälen ermöglicht es den Arbeitnehmern, sich über eine Vielzahl von Themen zu informieren.

Und ganz egal, ob Mitarbeiter an jeder Veranstaltung teilnehmen oder nur an solchen die sich mit für sie relevanten Themen auseinandersetzen: In jedem Fall wird die proaktive Unterstützung seitens des Arbeitsgebers von ihnen wahrgenommen werden. Dringende finanzielle Fragen zu Themen wie z.B. der Tilgung von Studienschulden oder der Finanzierung des täglichen Lebens werden auf diese Weise zur Sprache gebracht und an Lösungen gearbeitet – regelmäßig umgesetzt bedeutet dies, dass nicht nur die Sorgen der Mitarbeiter gelindert, sondern auch ein wegweisender Grundstock für eine resiliente Zukunft gelegt wird.

Nächster Stop: Finanzielle Zukunftsplanung

Neben der aktiven Unterstützung bei der Lösung dringender finanzieller Probleme können Arbeitgeber auch mit Blick auf die Zukunft ihrer Mitarbeiter mehr tun: Gespräche und konkrete Informationen zu möglichen finanziellen Benefits – wie beispielsweise die betriebliche Altersversorgung oder private Sparpläne – können helfen, bestimmte Ziele im Leben des Einzelnen früher als erwartet zu erreichen (Immobilienkauf, Planung des Ruhestands etc.).

In Kombination mit einem gezielten Wissenstransfer zu den angesprochenen Themen werden schlussendlich Benefits im finanziellen Bereich durch Mitarbeiter besser angenommen bzw. können besser genutzt werden. Langfristig wird so das Ziel erreicht, ein Gefühl der Unterstützung und Sicherheit bei der Belegschaft zu etablieren – hervorgerufen durch sowohl den Arbeitgeber als auch das eigene Portemonnaie.

Los geht’s!

Bei Aon gehen wir als Startpunkt immer davon aus, dass jedes Team und jeder Einzelne individuell zu betrachten ist. Auf unserem Weg Unternehmen zu unterstützen, aktiv und zielgerichtet mit ihren Belegschaften über das Thema Geld und über die damit verbundenen Leistungen zu sprechen, ist für uns im ersten Schritt immer das A und O herauszufinden, was die beschäftigten Mitarbeiter tatsächlich wollen – sowohl mit Blick auf einen Wissensgewinn als auch in finanzieller Hinsicht.

Indem Unternehmen sich mit dem finanziellen Wellbeing ihrer Mitarbeiter auseinandersetzen und sie auf der Reise durch „monetäre“ Gefilde begleiten, können diese sicherstellen, dass Angebote – sei es in Form von Gesprächen, Expertenunterstützung oder konkreten Benefits – von der Belegschaft als relevant und sinnvoll empfunden werden.

Auf diese Weise kann Aon gemeinsam mit Arbeitgebern dazu beitragen, das Tabuthema Geld aufzulösen und es stattdessen als ein strategisch sinnvolles Instrument einzusetzen, welches das Wohlbefinden und die Produktivität von Mitarbeitern steigern kann. Finanzen sind weit mehr, als nur die monatliche Gehaltszahlung. Gelingt es Unternehmen, diese Erkenntnis mit Leben zu füllen, kann dies eine grundlegend positive Veränderung im Umgang mit der Thematik des Geldes mit sich bringen.

Auf dem Weg in die Zukunft: Schaffen Sie heute den Arbeitsplatz von morgen und zeigen Sie, was Wellbeig wirklich bedeutet.


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